GELDANLAGE

Anlageberatung in Banken – warum schlechter Rat teuer ist

Markus Neumann Neumann Honorarberatung

Von Markus Neumann, Honorarberater
Seit 20 Jahren befasse ich mich intensiv mit dem Thema Geldanlage. Einer meiner Beratungsschwerpunkte ist die Strukturierung und Optimierung von Anlageportfolios.

In diesem Ratgeber erkläre ich Ihnen, warum die Anlageberatung in Banken schwere Interessenkonflikte birgt, die sich zu Ihrem Nachteil auswirken.

Die meisten Menschen haben keine Lust sich selbstständig mit Altersvorsorge und Geldanlage zu beschäftigen. Sie vertrauen auf die Anlageberatung von Banken. Doch die sind letztlich Verkäufer, die an der Vermittlung von teuren Produkten gut verdienen – ein Interessenkonflikt, der Anleger viel Geld kostet.

Finanzprodukte sind oft kompliziert und für Laien schwer zu durchschauen. Das nutzen Banken skrupellos aus. Wer sich auf eine Anlageberatung einlässt, sollte sich zuvor bewusst machen, wie die Verkaufsmaschine der Banken funktioniert. 

Ein strukturelles Problem ist, dass Bankberater – anders als Honorarberater – nicht von den Kunden, sondern von der Bank bezahlt werden. Sie sind ihren Arbeitgebern verpflichtet – und nicht ihren Klienten.

Über Arbeitsverträge, Gehaltserhöhungen und Beförderungen von Bankberatern entscheiden nicht die Kunden. An diesen Hebeln sitzt das Führungspersonal der Bank. Für einen Berater ist es wichtiger, bei seinen Vorgesetzten mit guten Verkaufszahlen zu glänzen als seine Kunden bedarfsgerecht zu beraten.

Bank und Kunde verfolgen unterschiedliche Ziele: Die Bank will möglichst viel verdienen. Und der Kunde möchte eine passende Zusammenstellung von Finanzprodukten, die von hoher Qualität und preisgünstig sein sollen. Dass bei dieser Konstellation ein Interessenkonflikt vorliegt, ist offensichtlich.

Anlageberatung auf Provisionsbasis – gut für Anbieter, schlecht für Bankkunden

Banken werben gern mit ihrer vermeintlich kostenlosen Anlageberatung. Doch in Wahrheit muss diese Dienstleistung natürlich bezahlt werden. Die Bank setzt darauf, dass Kunden nach einer Beratung Finanzprodukte kaufen. Für jeden Abschluss erhält sie eine Provision vom jeweiligen Produktanbieter, die der Kunde bezahlen muss. Je mehr die Bank verkauft, desto höher ist ihr Ertrag. Zusätzlich erhalten Banken XY „Bestandsprovisionen“. Die kriegen sie jedes Jahr, solange ein Anleger das Produkt in seinem Depot behält.

Aus Sicht der Produktanbieter ist dieses System wunderbar. Die Provisionen schaffen einen Anreiz für die Bank, die Produkte zu verkaufen. Möchte ein Anbieter viel Kapital für sein Produkt bei Anlegern einsammeln, kann er die Provision erhöhen, um Banken zu motivieren, dieses Produkt besonders häufig zu verkaufen.

Für die Bankkunden ist dieses Provisionssystem dagegen fatal. Sie müssen immer damit rechnen, dass der Berater vor allem die Anlageprodukte anpreist, die der Bank das meiste Geld bringen. Das sind aber nicht unbedingt die Vorsorge- und Geldanlageinstrumente, die für den jeweiligen Kunden am geeignetsten sind. Im schlimmsten Fall werden den Anlegern teure und zugleich auch noch schlechte Produkte angedreht, die kaum zu den Anlagezielen passen und nach Abzug aller Kosten nur eine armselige Rendite bringen.

Bankberater sind vor allem Verkäufer

Banker sind keine objektiven Berater. Diese Bezeichnung, die Neutralität im Dienst des Kunden suggeriert, ist irreführend. Denn Bankberater sind vor allem Verkäufer. Das sollten sich Bankkunden bewusst machen. 
Was die Geldinstitute von ihren Beratern erwarten, formuliert der auf die Geldbranche spezialisierte Verkaufstrainer Günther Geyer in einem Fachbuch für Bankmitarbeiter so: „Eine Ihrer wesentlichen Aufgaben ist das Verkaufen. Sie wollen Ihre Kunden überzeugen und zum Abschluss motivieren. (…) Sie sind davon überzeugt, dass Sie (…) ein guter Verkäufer sind.“
Bankberater, die im Gespräch behaupten, sie wollten ja gar nichts verkaufen, lügen ihren Kunden dreist ins Gesicht. Bankfilialen, auch das sollte jedem klar sein, sind Vertriebskanäle für Finanzprodukte.
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Transparenzpflicht bei Provisionen hilft Bankkunden kaum weiter

Banken sind inzwischen gesetzlich verpflichtet, ihre Kunden bei einer Anlageberatung über die XY Provisionen zu informieren, die sie erhalten. Das schafft ein wenig mehr Transparenz. Die Kunden sollen auf einen Blick erkennen können, wie viel die Bank an einem Abschluss verdient. Zuvor war es Usus, die Höhe der Provisionen zu verheimlichen.

Die gesetzlich erzwungene Offenheit nützt Bankkunden aber nur wenig, wenn ihnen lediglich ähnlich teure Produkte angeboten werden und sie nicht wissen, dass es günstigere Alternativen gibt – und auch nicht darüber informiert werden. Ein typisches Beispiel sind Aktienfonds. Provisions-Berater empfehlen in der Regel nur Fonds, die von einem Manager verwaltet werden. Für diese Produkte fließen hohe Provisionen.

Günstige börsengehandelte Indexfonds bieten Provisions-Berater meist nicht an

Eine häufig bessere Alternative sind börsengehandelte Indexfonds, sogenannte ETF, die ich als Honorarberater empfehle. Diese Fonds kommen ohne teures Management aus. Deswegen sind die jährlichen Verwaltungskosten sehr gering. Bestandsprovisionen bezahlen die Anbieter nicht. 
Die Kaufkosten sind ebenfalls deutlich geringer, weil der sogenannte Ausgabeaufschlag, häufig 5 Prozent der Anlagesumme, entfällt. Denn Aktien-ETF werden an Börsen erworben. Natürlich verdienen Banken auch an ETF-Transaktionen. Aber eben nur sehr wenig. Deswegen empfehlen Bankberater diese Produkte meist nicht.

Anlageberatung auf Provisionsbasis: Zweifelhafte Auswahl von Finanzprodukten

Welche Anlageprodukte die Banker in den Filialen ihren Kunden verkaufen sollen, wird von übergeordneten Abteilungen festgelegt. Sie bestimmen, aus welchem Fundus der einzelne Berater letztlich schöpfen kann. Auch wählten in der Vergangenheit manche Banken regelmäßig einzelne Produkte aus, die verstärkt an den Mann oder die Frau gebracht werden sollten. Dass solche Vertriebsvorgaben an den Bedürfnissen der Kundschaft vorbeigehen, liegt auf der Hand.

Grundsätzlich gibt es zwei Sorten von Produkten: hauseigene und externe. Fast alle großen Banken (auch Sparkassen und Genossenschaftsbanken) unterhalten eigene Fondsgesellschaften. Viele haben Tochterfirmen, die zudem Zertifikate und andere sogenannte Derivate konstruieren.

Die Bankfilialen verkaufen dann vor allem die Produkte der eigenen Gesellschaften. Damit verdienen die Geldinstitute gleich doppelt: Zusätzlich zur Provision kassiert die Unternehmensgruppe die Managementvergütungen für Fonds und Zertifikate.
Markus Neumann Neumann Honorarberatung

„Diese Praxis ist mehr als fragwürdig. Denn hauseigene Produkte sind selten die besten, die auf dem Markt erhältlich sind. Häufig sind Konkurrenzprodukte besser, die aber nicht empfohlen und vertrieben werden – ein Nachteil für die Kunden. Im Gegensatz zu Banken sind unabhängige Honorarberater nicht an bestimmte Produkte gebunden. Sie können aus dem gesamten Angebot auswählen.“

Auch Bankberater wissen nicht, wie sich die empfohlenen Fonds entwickeln werden

Um wegen Beschränkungen bei der Produktauswahl dem Vorwurf der offensichtlichen Schlechtberatung zu entgehen, verkaufen manche Banken heute zusätzlich zu ihren eigenen auch Fremdprodukte. Dabei konzentrieren sie sich gerne auf diejenigen, die gerade mit einer überdurchschnittlichen Wertentwicklung glänzen und in den Ranglisten, die Zeitungen und Zeitschriften veröffentlichten, ganz oben stehen.

Das macht Eindruck beim Kunden, bringt ihm aber herzlich wenig. Fondsrankings sagen nichts über die künftige Wertentwicklung aus, wie verschiedene Untersuchungen belegen. Andere Studien zeigen zudem, dass oft die erfolgreichsten Fonds der Vergangenheit die Verlierer von morgen sind.

Übrigens: Die Sparkassen ebenso wie die Volks- und Raiffeisenbanken machen sich nicht einmal die Mühe, solche Feigenblatt-Strategien einzusetzen. Sie setzen weiterhin vor allem auf Fonds aus dem eigenen Haus. Der ehemalige Sparkassenverbands-Präsident Georg Fahrenschon kann daran nichts Anstößiges entdecken. Er meint, wer eine Sparkasse aufsuche, wisse, dass er Produkte der Sparkassen-Finanzgruppe empfohlen bekomme.

Warum Banken bei der Anlageberatung Provisionen offenlegen müssen

Dass Banken die Provisionen, die sie von Produktanbietern erhalten, offenlegen müssen, ergibt sich gleich aus drei Gesetzen: dem Bürgerlichen Gesetzbuch, dem Handelsgesetzbuch und dem Wertpapierhandelsgesetz. Doch das gilt nur für sogenannte Kommissionsgeschäfte: Bei solchen Transaktionen kauft eine Bank auf Rechnung des Kunden Anlageprodukte bei einem Anbieter.

Für ihre Vermittlung erhält die Bank eine Provision vom Produktanbieter, die der wiederum vom Bankkunden kassiert, beispielsweise in Form eines Ausgabeaufschlages. Die Bank handelt auf Rechnung des Kunden. Die Provision bekommt sie aber von einem Dritten, nämlich dem Produktanbieter.

Weil daraus ein Interessenkonflikt resultiert (Profitstreben der Bank, Beratungsdienstleistung für den Kunden), ist die Bank gesetzlich verpflichtet, Vertriebsvergütungen offenzulegen. „Erst durch die Aufklärung wird der Kunde in die Lage versetzt, das Umsatzinteresse der Bank selbst einzuschätzen (…) und zu beurteilen, ob die Bank ihm einen bestimmten Titel nur deswegen empfiehlt, weil sie selbst daran verdient“, heißt es in einem Urteil des Bundesgerichtshofes von 2006.
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Wie Banken die Offenlegungspflichten umgehen

Doch die Aufklärungspflicht können Banken ganz leicht mit einem Trick umgehen. Statt eines Kommissionsgeschäftes schließen sie mit ihren Kunden ein sogenanntes Festpreisgeschäft ab. Bei solchen Transaktionen ist die Bank nicht verpflichtet darüber zu informieren, was sie verdient.

Denn bei einem Festpreisgeschäft kauft der Bankkunde die Geldanlage direkt bei der Bank zu einem festen Preis. Die Bank wiederum hat die Geldanlage zuvor bei einem Anbieter eingekauft. Provisionen fließen bei einem solchen Geschäft nicht. Die Bank verdient daran, dass sie das Produkt günstiger einkauft, als sie es weiterverkauft.

Diese Gewinnspanne muss sie nach der aktuellen Rechtsprechung nicht offenlegen. Es besteht nicht einmal eine Verpflichtung, den Kunden darüber zu informieren, dass er beim Kauf einer Geldanlage ein Festpreis- statt eines Kommissionsgeschäfts abschließt.

Verbraucherschützer kritisieren Gesetzeslücken bei der Anlageberatung in Banken

Unter dem Strich muss ein Festpreisgeschäft für den Bankkunden nicht teurer sein. Doch sein Anspruch auf eine Offenlegung der Profitinteressen der Bank entfällt. Die Verbraucherzentralen, die sich unter anderem für eine bessere Bankberatung einsetzen, sehen in dieser Lücke „eine Einladung an die Vertriebe, die ungeliebten Offenlegungspflichten zu umgehen“.

Manche Banken haben diese Offerte bereits angenommen. Nach Angaben der Verbraucherzentralen gibt es Institute, die Fonds oder Zertifikate nur noch auf Basis von Festpreisgeschäften verkaufen.

„Bei Zertifikaten ist diese Praxis besonders problematisch, weil es a) bei neu herausgegebenen Produkten keine Börsenpreise gibt und b) bei Zertifikaten der normale Privatanleger keine Chance besitzt, den fairen Wert dieser mehr oder weniger komplex strukturierten Derivate zu bestimmen. Er hat deshalb keine Möglichkeit, sich indirekt das Eigeninteresse der Banken und Sparkassen bei der Empfehlung solcher Instrumente zu erschließen, selbst wenn er es versuchen würde“, kritisieren die Verbraucherschützer in einer Studie zur Transparenz der Anlageberatung in Banken.

Es gibt Banken, die ihre Kunden auch bei Festpreisgeschäften darüber informieren, was sie an solchen Abschlüssen verdienen. Andere Geldinstitute hüllen sich dagegen in Schweigen – und verhalten sich damit rechtlich korrekt. Wer sich das nicht gefallen lassen will, muss die Bank wechseln oder sich an eine unabhängige Honorarberatung wenden, die weitgehend frei von Interessenkonflikten berät.

Warum Sie um Banken einen großen Bogen machen sollten

Auch die geringe Qualität der Anlageberatung in Banken spricht für unabhängige Vermögensberater. Das Filialkundengeschäft geriet wegen aggressiver Vertriebsmethoden immer wieder in die Schlagzeilen. Untersuchungen belegen, dass Bankberater privaten Sparern und Anlegern systematisch Finanzprodukte andrehten, die den Banken hohe Erträge verschafften, aber nicht unbedingt zum Risikoprofil der Käufer passten.

Auch Untersuchungen der XY Stiftung Warentest stellen der Anlageberatung in deutschen Banken ein Armutszeugnis aus. Nur sehr wenige Geldhäuser lieferten eine befriedigende Beratung bei der Geldanlage ab. Den meisten bescheinigten die Tester eine nur „ausreichende“ oder „mangelhafte“ Leistung, obwohl die Aufgaben, die die Bankberater lösen mussten, nicht anspruchsvoll waren. Nur wenige von ihnen stellten die passenden Produkte zusammen, um das Anlageziel mit einem möglichst minimalen Risiko zu erreichen. In vielen Fällen waren die Empfehlungen zu riskant.

Profit statt Kundenzufriedenheit steht bei Banken an erster Stelle

In der Beratungspraxis von Banken ist die Kundenzufriedenheit kein Anreiz. Bankberater sind meist kurzfristig orientiert. Es geht um die Gewinne der laufenden Woche, des nächsten Monats, des nächsten Quartals und vielleicht noch des nächsten Jahres.

An diesen Zahlen werden Bankberater und ihre Vorgesetzten in vielen Fällen gemessen. Das belegen verschiedene Insiderberichte, die in den vergangenen Jahren von Medien und Gewerkschaften veröffentlicht wurden. Die Berater sind demnach vor allem an schnellen Abschlüssen und hohen Provisionen interessiert, auch wenn sie nicht selbst direkt von diesen Zahlungen profitieren.

Die Qualität von Anlageprodukten zeigt sich erst Jahre später

Für Bankberater hat es selten unmittelbare Konsequenzen, falls Kunden mit einem Produkt unzufrieden sind. Denn es kann Jahre dauern, bis diese feststellen, dass ihnen Schrott verkauft wurde. Der Berater, der das Produkt empfohlen hat, arbeitet dann vielleicht schon ganz woanders. Der Wirtschaftsnobelpreisträger Robert J. Shiller schreibt in seinem Buch „Märkte für Menschen – So schaffen wir ein besseres Finanzsystem“: „Im Finanzgeschäft lohnt es sich zumindest kurzfristig oft, den Vertriebsgedanken über höhere Ziele zu stellen und gesetzliche Bestimmungen auszutricksen oder großzügig auszulegen.“ 

© Neumann Honorarberatung, aktualisiert am 27.08.2025
Fotografie: Lubo Minar/Unsplash
Quellen: Eigene Recherchen und Berechnungen